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Biennale Venedig: Deutschland als Einwanderungsland

Noch etwas mehr als einen Monat dauert die Architektur-Biennale in Venedig, nämlich bis zum 27. November. Es bleibt also noch gut ein Monat Zeit, um eine Städtereise zu machen und sich auch den deutschen Pavillon anzuschauen.

Dieser befasst sich mit folgender Grundthese:

„Es wird dringend Wohnraum benötigt, aber genauso notwendig sind neue Ideen und bewährte Konzepte zur Integration.“

Mit dem Titel „Making Heimat“ blickt der Pavillon in umfassender Weise auf Deutschland als Einwanderungsland („Arrival Country“). Die Ausstellung widmet sich dabei drei Überthemen: Flüchtlingsunterkünfte // Arrival City (Ankunftsstadt) // Das räumliche Gestaltungskonzept des Pavillons. Im folgenden werden die Flüchtlingsunterkünfte genauer beschrieben, konkret die drei Münchner Beispiele, die auch an der Biennale vertreten sind:

Flüchtlingsunterkünfte

Das Deutsche Architekturmuseum (DAM) hat seit Oktober bereits realisierte oder sich in Planung befindende Projekte gesammelt, die für Flüchtlinge gebaut wurden/werden. Sie sollen die konkrete, aktuelle Realität in Deutschland aufzeigen und als Vergleich gängiger Lösungen eine Grundlage für die Diskussion legen.

Sofortprogramm Leichtbauhallen

Die temporäre Halle ist ein Fertigprodukt, der Innenausbau wurde dagegen eigens für die erschwerten Bedingungen einer Massenunterkunft von einem Architekten entworfen.

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Foto: Guido Helmschmidt

Die Fakten in Kürze: Neubau // Fertiggestellt (Dez. 2015) // Anzahl Bewohner: 230 Personen (Asylbewerber) // Wohnfläche pro Person: ca. 9 m2 // 3 Leichtbauhallen & Container // Existenzdauer: 2 Jahre // Auftraggeber: Landeshauptstadt München // 

Winterfeste Leichtbauhallen sind ein Teil des Sofortprogramms der Stadt München zur Überbrückung der Unterbringungsnot. Knapp 20 Hallen sind derzeit über die Stadt verteilt geplant oder bereits gebaut, zusätzlich zur Umnutzung von Kasernen und anderen Bestandsgebäuden, in denen ein Großteil der 20.000 in München aufgenommenen Flüchtlinge wohnt. Das Büro günther & schabert hat für die Stadt München Machbarkeitsstudien für 17 Standorte erarbeitet, an drei Orten wurde es mit der Ausführung beauftragt. Dabei ging es den Architekten vor allem darum, einen rigiden Lagercharakter zu vermeiden. „Wir wollen kein gutes deutsches Lager bauen“, so Jan Schabert, „trotz der zeitlichen Begrenzung auf zwei Jahre sollte Wert auf Raumqualität gelegt werden, städtebaulich und im Innenraum.“

Flüchtlingsunterkünfte

Für die Gemeinschaftsunterkunft werden Raummodule aus Holz verwendet, die direkt vor Ort angefertigt und montiert werden.

Foto: Michael Heinrich

Foto: Michael Heinrich

Die Fakten in Kürze: Neubau / im Bau (Fertigstellung März 2016) // Anzahl Bewohner: 300 Personen (Asylbewerber) // Wohnfläche pro Person: 9,8 m2 (inkl. Sanitär, Küche, Aufenthaltsraum,Bewohnerzimmer, Lager, Waschraum etc.) // Moduleinheiten (4 miteinander verbundene Wohnzeilen) // Existenzdauer: 5-10 Jahre // Auftraggeber: Landeshauptstadt München

Die Gemeinschaftsunterkunft entsteht im Rahmen des Sofortprogramms der Stadt München. Primär ging es darum, so schnell wie möglich Wohnraum zu schaffen. Das Raumprogramm hält sich streng an die Vorgaben der Bayerischen Staatsregierung. Aufgrund der Grundrisse und der Lage der Gemeinschaftsunterkunft ist eine langfristige Nutzung jedoch unwahrscheinlich. Architekt: Gerstberger Architekten GmbH, ausführende Firma: LiWood.

 Ort des Ankommens

Privatinitiative für ein Wohnhaus in Holzmodulbauweise. Zwei umgebaute Bestandsbauten sollen als Werkstatthalle, Seminarräume und Künstlerateliers das Ensemble ergänzen.

Rendering: Kollektiv A

Rendering: Kollektiv A

Die Fakten in Kürze: Neubau / in Planung // Anzahl Bewohner: 24o Personen (Flüchtlinge mit anerkanntem Status) // Wohnfläche pro Person: 8,5 m2 // Moduleinheiten (4 Gebäude) // Existenzdauer: voraussichtlich 10 Jahre // Auftraggeber: Wolfgang Nöth / Amt für Wohnen und Migration München

Anerkannte Flüchtlinge, die in Deutschland bleiben können, müssen oft noch lange in Gemeinschaftsunterkünften ausharren: Gerade der Münchner Wohnungsmarkt ist dicht, fehlende Netzwerke und Sprachkenntnisse machen die Wohnungssuche nicht einfacher. Der Gastronom Wolfgang Nöth, Initiator der Ausgehmeile „Kunstpark Ost“, plant für diese Gruppe von Zuwanderern in München einen „Ort des Ankommens“, der mehr bieten soll als günstige Wohnungen. In Zusammenarbeit mit dem Amt für Wohnen und Migration will er das ehemalige Firmengelände einer Holzhandlung im Stadtteil Johanneskirchen zu einem bunt gemischten Quartier mit Ateliers, Konzerthalle, Werkstätten, sozialen Einrichtungen und Wohnen entwickeln. Mit der Planung des 13.000 Quadratmeter großen Areals, das in einem Mischgebiet liegt, ist das junge Berliner Architekturbüro Kollektiv A beauftragt. Die geplanten Nutzungen verteilen sich auf vier Bestandsgebäude, die einen Hof bilden: Die 7.000 Quadratmeter große ehemalige Fertigungshalle soll zu einem Veranstaltungsort mit Bühne, Ausstellungsflächen, Ateliers und offenen Werkstätten (Fab Lab) umgebaut werden, in ein Bürogebäude sollen die Verwaltung, eine Beratungsstelle des Amts für Wohnen und Migration, Kinderbetreuung und eine Sprachschule einziehen. Anstelle der Halle an der Südseite des Areals haben die Architekten ein Wohnhaus geplant, mit drei Geschossen mit seriell angeordneten Wohneinheiten und einem Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss, einer großzügigen Laubengangerschließung zum Hof und Nutzgärten auf der Südseite. Die 68 Quadratmeter großen Wohnungen betritt man über die Wohnküche, in der Mitte ist ein innen liegendes Bad angeordnet, nach Süden zwei Zimmer, die doppelt belegt werden sollen, so dass in der Anfangszeit insgesamt 240 Bewohner einziehen können.


Beitragsbild: Kirsten Bucher

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